Raumentwicklungskonzept (REK) 2035
Stellungnahme der Grünliberalen Partei Steffisburg zum Raumentwicklungskonzept (REK) 2035 und zu den bedeutenden Ein- und Aufzonungen.
Mit dem Raumentwicklungskonzept zeigt die Gemeinde detailliert auf, wie sich Steffisburg bis zum Jahre 2035 weiterentwickeln soll. Für diese Transparenz und die Möglichkeit der Mitwirkung bedanken wir uns.
Mit der REK werden entscheidende Weichen für die Zukunft unserer Gemeinde gestellt. Eine Mitwirkung der betroffenen Bevölkerung und der politischen Parteien ist wichtig. Nur so besteht Gewähr, dass die divergierenden Interessen ausgiebig diskutiert und ein tragfähiger Konsens gefunden wird.
In drei Workshops wurden die in der zugehörenden Studie erarbeiteten Erkenntnisse aufbereitet und den Teilnehmern erläutert. Die Herausforderungen für Steffisburg sind beim Verkehr, den fehlenden lokalen Arbeitsplätzen sowie in der Bewahrung des dörflichen Charakters der einen Ortshälfte aber auch in der städtischen Entwicklung des anderen Ortsteils zu suchen.
Neue Wohnzonen:
Steffisburg verfügt heute über grössere, bereits eingezonte Baulandreserven. Derzeit sind Grossprojekte in Planung, welche Wohnraum für mehrere hundert Personen schaffen. Die Verkehrs- und Schulinfrastruktur kommt damit in einen kritischen Bereich. Bevor durch weitere Einzonungen mit Planungspflicht ein noch stärkeres Wachstum generiert wird, müssen vorgängig bestehenden Verkehrsprobleme gelöst werden. Das Strassennetz in Steffisburg stösst bereits heute an seine Grenzen. Neue Wohnzonen zum jetzigen Zeitpunkt sind abzulehnen, zumal die Erschliessung vorwiegend durch MIV vorgesehen ist. Eine Reduktion des MIV setzt raumplanerische Grenzwerte (Obergrenzen für Parkplätze) sowie attraktive ÖV Angebote voraus.
Die aktuell vorgeschlagenen Erweiterungen und deren Ausgestaltung im Baureglement lehnt die glp ab.
Vorranggebiete (RGSK II) Wohnen:
Für Wohnen sollen Vorranggebiete ausgeschieden werden, die nicht bestes Landwirtschaftsland beanspruchen. Es sollen Hanglagen ausgeschieden werden wie beispielsweise entlang der Hartlisbergstrasse oberhalb der jetzt geplanten Bauzone Bruchegg. Für die Grünliberalen ist nicht nachvollziehbar, dass die steilere und für die landwirtschaftliche Nutzung weniger wertvolle Parzelle unterhalb dem Brucheggweg entlang dem Kapellenweg nicht erschlossen werden kann.
Neue Gewerbezone:
Wie eingangs erwähnt besitzt Steffisburg aktuell einen zu kleinen Anteil an lokalen Arbeitsplätzen. Das Gebiet Glättimüli ist von seiner Lage her prädestiniert um hier das notwendige Angebot an Bauland zu liefern, falls auch die Erschliessung mit ÖV genügend attraktiv gestaltet werden kann. Für eine ÖV Erschliessung des Bahnhofs Steffisburg benötigt es nicht nur Zonenpläne sondern konkrete Massnahmen.
Die glp unterstützt diese neue Gewerbezone.
Langsamverkehr:
Die neue Fuss- und Veloverkehrsverbindung (7.2.3.1) ist zwar begrüssenswert, nur leider im oberen Dorfteil nicht an die Topographie angepasst. Diese müsste so steil angelegt werden, dass sie von Velofahrern nicht genutzt würden. Hier muss eine zusätzliche Lösung in Koexistenz mit der bestehenden Flühlistrasse gesucht und im REK vorgesehen werden.
Auf den bestehenden Hauptachsen (7.2.2), insbesondere vom Hübeli bis ins Flühli sollen kurzfristig in beide Richtungen durchgehende Velostreifen realisiert werden. Wenn der Platz knapp ist, sind Aufstiege zu bevorzugen. Vorübergehendes Aufheben von Velofahrstreifen führt zu gefährlichen Situationen für Velofahrende und muss als Gefahrenstelle gekennzeichnet sein.
Die Quervernetzung für den Veloverkehr müsste mindestens bis zum Anschluss an das bestehende Velonetz sowie der Erschliessung des neuen Gewerbegebietes konkretisiert ins REK aufgenommen werden. Nicht nachvollziehbar ist der Umstand. dass beim Bau des Bypasses Thun Nord zwar ein Radweg angelegt wurde, dieser aber abrupt am Kreisel bei der Bernstrasse endet. Solche kostspieligen Insellösungen sollen durch entsprechende Vorgabe zukünftig verhindert werden.
MIV:
Eine «Verstetigung» des Verkehrsflusses ist dann wünschenswert, wenn diese mittels Reduktion der Zirkulationsgeschwindigkeit erreicht wird. Auf dem bestehenden Strassenraum muss daher die Geschwindigkeit reduziert und dem Langsamverkehr, dem ÖV sowie den Fussgängern insbesondere in den Zentren mehr Raum geboten werden.
Regionales Strassennetz (7.2.5)
Die Trasseefreihaltung für einen zukünftigen Hübelitunnel von der Ausbahnausfahrt Thun Nord (jetzt ab Kreisel Feldstrasse/Stockhornstrasse) zum rechten Thunerseeufer muss unbedingt beibehalten werden. Wir beurteilen das Verkehrsregime des Bypass Nord im Bereich Steffisburg als einen grossen Planungsfehler. Die Umleitung des Verkehrs von der Bernstrasse über die Feldstrasse, Stockhornstrasse und Ziegeleikreisel belastet die bereits stark befahrene Hauptachse Thunstrasse, Unterdorfstrasse, Oberdorfstrasse zusätzlich mit Duchfahrtsverkehr, der mit Steffisburg gar nichts zu tun hat. Bei weiter zunehmenden Verkehrsströmen wird früher oder später eine unterirdische Umfahrung von Thun statt der Umleitung über Steffisburg wieder zum Thema. Die Möglichkeit Hübelitunnel darf dann nicht verbaut sein.
Ebenso ist eine Kernumfahrung Oberdorf in die zukünftige Planung aufzunehmen, resp. beizubehalten. Eine derartige Entlastung braucht langjährige Planungshorizonte. Umso mehr soll jetzt damit begonnen werden. Ob ein Ortbühltunnel oder die Westumfahrung mit der Dükerbrücke zur Unterdorfstrase die geeignetere Entlastung ist, muss geprüft werden. Wir lehnen das Argument entschieden ab, dass im Oberdorf gemeindeeigener Ziel- und Quellverkehr insbesondere aus dem Flühli der Grund sein soll, eine Umfahrung aus der Planung zu streichen. Gerade die vorgesehene Einzonung Bruchegg zeigt deutlich, dass die Bewohner im nördlichen Teil von Steffisburg und die angrenzenden Gemeinden im Ostamt keine andere Alternative haben, als durch das Oberdorf zu fahren, auch wenn das Fahrziel ein ganz anderes ist.
Handlunsgsanweisungen Energie (7.4 und ff)
Wir begrüssen die Planung von Wärmeverbünden. Wir vermissen jedoch genügend klare Aussagen, dass Wärmeverbünde ausschliesslich durch erneuerbare Energie beheizt werden dürfen. Es darf nicht sein, dass sowohl aus Spitzenlastversorgungszentrale der KVA und in den Gemeinde eigenen Wäremezentralen Gas verbrannt wird, um Fernwärme zu erzeugen.
Wir wollen für die Wärmeerzeugung kurzfristig vom Oel und mittelfristig vom Gas wegkommen um langfristig mit 100% erneuerbaren Energien einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten. Wir erachten die Konzentration auf KVA Wärme nicht als zielführend für Steffisburg. Die Kapazität der KVA wird nie zur Versorgung von Thun, Heimberg und Steffisburg genügen. Für die weiter von der KVA entfernten Teile im Osten und Norden der Gemeinde muss ein weiteres Fernwärme Heizkraftwerk geplant werden. Als Energieträger soll Holz vorgegeben werden. In der nahen Umgebung mit kurzen Transportwegen bestehen grosse Reserven von Energieholz, die heute weitgehend ungenutzt liegen bleiben. Wir verlangen, dass in der Ortsplanung entsprechende geeignete Energiezonen vorgesehen werden.
Antennenstandorte:
Im REK fehlt die Planung der Kommunikationsversorgung komplett und muss dringend ergänzt werden. Mit der Entwicklung der drahtlosen Kommunikation zu Hochleistungsnetzen (5G und kommende Generationen) muss in den nächsten Jahren mit einer grossen Zahl von Mobilfunkanlagen von verschiedenen Netzbetreibern gerechnet werden, die in Wohnzonen drängen. Handyantennen lösen bei der betroffenen Bevölkerung Ängste aus wegen Gesundheitsschäden und Wertverluste von Liegenschaften. Dies führt zu berechtigten Abwehrreaktionen. Eine Planung darüber, ob und unter welchen Bedingungen in Steffisburg in reinen Wohnzonen und gemischten Gewerbe-/Wohnzonen Handyantennen erlaubt sind ist dringlich.
Entwicklung der Bevölkerung (Kap. 8)
Die Ableitung von Bedarf an neuen Einzonungen für das Wohnen unter der angenommenen Wachstumprämisse des Kantons von 9.5% bis 2030 lehnen wir aus zwei Gründen entschieden ab.
1. In Steffisburg muss zuerst geklärt werden, ob die Bevölkerung überhaupt ein quantitatives Wachstum will. Dazu muss ihr aufgezeigt werden, was ein entsprechendes Wachstum bedeutet bezüglich Schulen, Versorgung, Verkehr und Finanzen. Erst dann kann über neue Wohnzonen diskutiert werden.
2. Bevor neue Einzonungen geplant werden, müssen die 9.4 Hektaren eingezontes Bauland bebaut oder frei gegeben werden.
Baureglement:
Für eine zukünftige Entwicklung muss die Bereitstellung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge zwingende Pflicht sein.
Das REK darf nicht nur Platz für Gutverdienende vorsehen, sondern muss mit reglementarischen Vorgaben sozial Schwächeren eine Nische erzwingen. Wir begrüssen die Absichtserklärung zur Förderung von genossenschaftlichem Wohnraum. Dieser muss durch entsprechende Anforderungen im Baureglement konkretisiert werden.
Die Begrenzung des MIV muss mit Obergrenzen im Reglement festgelegt werden. Dies ist nur im Flühli vorgesehen, gehört jedoch in jede neue Bauzone. Der Wert von 0.5 Parkplatzen pro Wohneinheit ist in Agglomerationsgemeinden (z.B. Muri Usanz). Das Ziel von Handlungsanweisung 7.2.1.2 Verkehrsarmes Wohnen „die tägliche Mobilität, auch ohne eigenen MIV abwickeln zu können“ wird nach unserer Ansicht in den vorgesehenen ZPP’s im Baureglement nicht erreicht.
Eine WG3 Zone im Flühli wiederspricht dem Wunsch der Bevölkerung nach Erhalt des dörflichen Charakters. Hier müsste mit maximum WG2 geplant werden.
Energieverbrauch bei Neubauten:
Wir begrüssen ausdrücklich die Vorgabe von Grenzwerten unterhalb der kantonalen Minimalziele zum Energieverbrauch. Diese sind jedoch verbindlich und messbar zu definieren. Der Nachweis zur Einhaltung von 2000-Watt „Prinzipien“ darf nicht von deren Einhaltung befreien. Lediglich 10% Unterschreitung der KEnV scheint uns kein genügend ambitioniertes und Zukunft gerichtetes Ziel zu sein. Es ist zu prüfen, diesen Grenzwert tiefer anzusetzen.
Wir danken der Gemeinde für die Möglichkeit der Mitwirkung und bitten Sie, unsere Anliegen bei der definitiven Ausgestaltung der zukünftigen Ortsplanung zu berücksichtigen.
Grünliberale Partei Steffisburg
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